Home     Biographie     Termine     Klangbeispiele     Bilder     Kontakt     Links

August Kühnel


(Ausschnitt aus einem Artikel, den ich 1995 anläßlich seines 350. Geburtstages für die
"Viola da gamba-Mitteilungen" schrieb)

Kühnels Biographie ist - nach dem, was ich bisher über ihn zusammentragen konnte - einigermaßen lückenhaft. Sicher ist, daß er am 3.August 1645 in Delmenhorst bei Bremen als Sohn des mecklenburgischen Kammermusikers Samuel Kühnel geboren wurde. Ob Kühnel außer zum Zeitpunkt seiner Geburt noch Kontakt zu dieser Stadt gepflegt hat, weiß man nicht. Auch wo Kühnel Kindheit und Jugend verbrachte, scheint nicht klar zu sein. Ich vermute, in Mecklenburg wie sein Vater; zumindest soll er 1657/58 mit seinem Vater in Güstrow gelebt haben. Unbekannt ist, welche Instrumente sein Vater spielte, aber möglicherweise spielte auch er Gambe. Wenn nicht vom Vater, so muß August Kühnel wohl von jemand Anderem guten Unterricht bekommen haben, denn schon im Alter von sechzehn Jahren wurde er 1661 "Violdigambist" in der Hofkapelle des Fürsten Moritz von Sachsen-Zeitz.
Diese Anstellung am Schloß Moritzburg war mit zwanzig Jahren (von 1661 bis 1681, mit Unterbrechungen für Studien in Frankreich 1665 und Konzertreisen nach München und Dresden) die längste Anstellung Kühnels an ein und demselben Ort. Mit dem Tod des Fürsten Moritz im Dezember 1681 wurde die Hofhaltung enorm eingeschränkt. Auch für Kühnel endete seine Anstellung im Zuge dieser Sparmaßnahmen.
1680 hatte er in München vor dem Kurfürsten Max Emanuel gespielt und muß dort wohl einen so guten Eindruck gemacht haben, daß er nach seinem Abgang in Zeitz am dortigen Hof angestellt werden sollte. Kühnel lehnte eine Anstellung in München allerdings ab, da er zum katholischen Glauben hätte übertreten müssen. In dieser Zeit soll er auch Kontakt zum neun Jahre jüngeren italienischen Opernkomponisten Agostino Steffani gehabt haben, der ab 1681 Direktor der Kammermusik am Münchener Hof war.
Ende 1682 geht Kühnel nach England, "umb zu erfahren waß vor die Viol d'gambisten /: weil die Viol d'gamba von Engellandt her kombt :/ da anzutreffen sein". 1685 ist er wieder in England erwähnt, angekündigt in The London Gazette: "...some performance upon the barritone, by Mr.August Keenel, the author of this musick".

1686 wird er zum Direktor der Instrumentalmusik am Hof der Landgräfin Elisabeth Dorothea in Darmstadt ernannt, die in Kühnel den richtigen Mann gefunden zu haben glaubt, um die Hofkapelle im Sinne des damals "neuen" französischen Stils zu schulen (1683 hatten bei ihr am Hof französische Musiker gespielt). Schon zwei Jahre später verläßt Kühnel Darmstadt und ist bis zu seiner letzten Anstellung beim Landgrafen Carl am Hof in Kassel vorübergehend Vizekapellmeister am Hof in Weimar und Kammermusikus in Dresden. In Kassel war er dann von 1695 bis kurz vor seinem Tod um 1700 angestellt.
Womit wir nun bei der Sammlung von 14 Sonate ò Partite ad una o due viole da gamba, con il basso continuo wären, die 1698 in Kassel im Druck erschienen. Dieser Sammlung ist anzumerken, daß Kühnel als weitgereister Mann (Frankreich, England und München, wo er dem Italiener A.Steffani begegnete) in den ausländischen Kompositionsstilen bewandert war. So gibt es Sonaten, die ähnlich der französischen Suite eine Folge von Tanzsätzen unterschiedlichen Charakters sind und in denen auch wie bei den Franzosen viele Verzierungen eingezeichnet sind: sowohl getrillerte als auch - allerdings sehr viel seltener vorgeschrieben - zusätzliche angebundene oder vorweggenommene Töne wie z.Bsp. chêute oder aspiration. Kühnel verwendet allerdings nur ein einziges Zeichen für getrillerte Verzierungen - ob ein Tremblement mit oder ohne appuy, ein bâtement oder andere Triller angebracht sind, das wird "des musicalischen Liebhabers eigenem Belieben anheim gestellt...". Diese Sonaten in Suitenform haben allerdings im Vergleich mit den tatsächlich französischen Kompositionen weniger von dem distinguiert-delikaten Stil der Franzosen, sie sind eben einfach etwas "deutscher" geraten.
Andere Sonaten sind eindeutiger von der englischen Tradition des playing ex tempore über einen Baß geprägt, wie es in den Sonaten III (für zwei Gamben und Baß) und X (Aria mit Variationen für eine Gambe und basso continuo) am besten zu sehen ist.

Es gäbe sicher noch einiges zu Kühnel zu sagen, ich belasse es aber trotz Allem bei diesen Zeilen, hoffe, Neugier geweckt zu haben und halte es mit Kühnel, indem ich es "des musicalischen Liebhabers eigenem Belieben anheim gebe", sich näher mit ihm zu befassen.

Zurück